Vor 175 Jahren wurde im ganzen Wuppertal die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Im Erlaß des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. Von 1825 für die
Provinzen, in denen die Schulpflicht noch nicht galt, wurde festgelegt, daß jedes Kind ab dem 5. Lebensjahr die Schule zu besuchen habe. Eltern, die hierfür nicht sorgten, wurden mit
Zwangsmitteln und Strafen belegt. Die Schulpflicht dauerte, „bis das Kind nach dem Befunde eines Seelsorgers die einem jeden vernünftigen Menschen seines Standes notwendigen Kenntnisse
erworben hat."
Lange Schultradition in Heckinghausen
Die schlechte Zahlungsmoral war aber kein Zeichen dafür, daß die Heckinghauser an Schuldigen uninteressiert gewesen wären, sondern nur eine Folge der allgemeinen Verarmung infolge der
Franzosenzeit unter Napoleon. Heckinghausen besaß damals vielmehr bereits eine lange Schultradition. Schon 1580 beteiligten sie sich an einer Sammlung, mit deren Geld in Privatinitiative die
erste Barmer Schule am Werth errichtet wurde.
Die neue Schule in Heckinghausen
In Heckinghausen wurde damals gerade ein neues Schulgebäude errichtet. Das bisher in Gebrauch befindliche Gebäude stammte aus dem Jahre 1732 und war nicht nur ziemlich abgewirtschaftet,
sondern auch viel zu klein. Es hatte lediglich zwei Räume von knapp 18 x 13 und 11 x 13 Fuß, die für die 135 Kinder, die es besuchten, nicht ausreichten. Wären alle Kinder aus dem hiesigen
Schulbezirk dort hingegangen, wären es 193, nämlich 170 aus Heckinghausen und 23 vom Heidt gewesen. Der Neubau wurde 1823/24 auf der Ecke Heckinghauserstraße/Spiekerstraße errichtet. Leider
führte der Unternehmer das Gebäude weder regel- noch vertragsgerecht aus. Die Heckinghauser wollten die Schule trotz ihrer Fehler nehmen. Die Obrigkeit verlangte aber einen neuen,
vertragsgerechten Bau. Der Streit zog sich mehrere Jahre hin, bis endlich der Neubau fertig wurde.
Der Widerstand, den die Heckinghauser gegen eine korrekte Ausführung des Schulbaus unter Haftbarmachung des Bauunternehmers leisteten, ist schwer verständlich und nur mit trotziger Sturheit
zu erklären. Die neue Schule war aber nun ausreichend. Sie hatte zwar auch nur zwei Klassenräume die mit 29 1/2 x 18 1/2 sowie 29 1/2 x 16 1/2 Fuß aber deutlich größer waren.
Ab 1839 durften die Bewohner der fünf Häuser auf dem Norrenberg ihre Kinder, damals 15 an der Zahl, wahlweise auch auf die neu eröffnete Schule Hammesberg, die zu Ronsdorf gehörte,
schicken.
Bis 1869 war die neue Schule die einzige in Heckinghausen, dann folgte als erste einer ganzen Reihe von Schulen die evangelische Schule an der Ziegelstraße. Wegen des raschen Wachstums der
Bevölkerung kam nun jedes Jahrzehnt eine neue Schule hinzu. Die alte Schule war noch bis 1881 in Gebrauch. Sie diente danach zunächst als Kochschule und später als Mannschaftsraum des
Kanalbauamtes (Heckinghauserstr. 229). Zu den prominentesten Schülern gehörten Friedrich Bayer sen., der Gründer der Bayer-Werke, sowie die Mutter von Carl Duisberg, die zufällig Bayers
Klassenkameradin war.
Ein armer Lehrer
Schlecht war es damals um die Bezahlung des Lehrers bestellt. Dies war seit Februar 1804 Jakob Weber. Der zuständige Wupperfelder Pastor Barthels schrieb über ihn: „In der Schule zu
Heckinghausen steht ein Mann von vieler Geschicklichkeit, sanftem Charakter und ehrlichem Wandel, dem ein unglückliches Geschick eine bessere Stelle, die er so sehr verdient hat, vorenthält.
Vordem hatte er noch ziemlich notdürftig sein Brot verdient. Seitdem aber der Weg zur Schule immer schlimmer und ungänglicher geworden und dadurch die am Heidt Wohnenden veranlaßt wurden,
eine eigene Schule anzulegen, auch das Dorf selbst seit einigen Jahren verarmt ist, in dem Wohlhabende ausstarben oder verdarben, seitdem ist Jakob Weber mit seiner Familie in die drückenste
Notlage versetzt. Wenn deshalb kein guter und gangbarer Weg zur Schule geschaffen wird, wenn die Schulpflichtigen nicht gezwungen werden, das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen, dann muß
die Schule zugrunde gehen und der Schullehrer längs den Türen gehen und betteln."
Lehrer Weber hatte aber nicht nur über die Heckinghauser zu klagen, sondern auch über die Kirchengemeinde, die das Schulgeld für die Armenkinder nicht bezahlte. 1829 beschwerte er sich beim
Presbyterium: „Sehr mühsam und beschwerlich ist die Arbeit eines Lehrers. Und dabei nie sorgenfrei in Ansehung des täglichen Brotes zu sein, ist hart. Aber den für die saure Arbeit mühsam
verdienten Lohn nicht ausbezahlt zu erhalten, und darum als um ein Almosen bitten zu müssen, ist noch härter und für mich äußerst empfindlich."
Mit der Zahlungsmoral der Gemeinde wurde es offenbar lange Zeit nicht besser, denn noch 1853 mußte Jakob Webers Sohn und Nachfolger Friedrich Weber ein ähnliches Beschwerdeschreiben
loslassen. Darin erklärte er sich sogar bereit, 20% des Armen-Schulgeldes nachzulassen, um überhaupt zu seinem Gelde zu kommen. Die äußeren Schulverhältnisse waren also gar nicht rosig.
Trotzdem ist an der Schule Beachtliches geleistet worden, insbesondere in Deutsch und Rechnen.
Beim Wiederaufbau dieser im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Schule 1657 beteiligten sich nur wenige Heckinghauser wie Johann Bredt von der Bockmühl und Cordt
Bergmann von der Gosenburg. Man beabsichtigte in Heckinghausen nämlich die Anstellung eines eigenen Schulmeisters. Der erste Heckinghauser Lehrer war der aus Düsseldorf stammende Junggeselle
Henrich Steinhaus. Er unterrichtete in den 1660er Jahren in einem Häuschen am Heckinghauser Brögel. Das Kirchenbuch von Schwelm vermeldet seine Beerdigung unter dem 12. April 1670. Mehr ist
über den ersten Heckinghauser Lehrer nicht bekannt.
1730 - 32 errichteten unsere Vorfahren dann auf eigene Kosten das oben genannte erste Schulgebäude. Lehrer war damals Johann Leopold Hürxthal. Zum Ärger der Heckinghauser verbot der gestrenge
Beyenburger Amtsrichter Alhaus die Eröffnung der Schule, „bis der Beweis von der gerechtsamen Possession dieser Schule erbracht war." Die Motive dieses Widerstandes mögen im Konkurrenzneid
zum Schutz der Amtsschule auf der Gemarke zu suchen sein oder darin, daß Alhaus als Katholik keine weitere lutherische Schule in Barmen wollte. Die Heckinghauser waren aber entschlossen, ihr
Recht durchzusetzen. Ihr Hauptwidersacher Richter Alhaus starb am 13. April 1732. Danach führten die Heckinghauser den Beweis, daß schon vor 1672 in Heckinghausen Schule gehalten worden sei.
1672 war das Jahr eines endgültigen Vergleiches zwischen dem protestantischen Brandenburg-Preußen für die Mark und dem katholischen Pfalz-Neuburg für Berg, in dem unter anderem geregelt war,
daß die Herrscher nach diesem Zeitpunkt keine neuen Gemeinden, Schulen, Klöster usw. der anderen Konfession ohne besondere Genehmigung erlaubten.
Bei einer Untersuchung durch die Obrigkeit bestätigten der 78jährige Johannes Eyckelskamp sowie der 71jährige Johannes Beckmann auf Eid und Gewissen, „daß die Jugend in Heckinghausen
informiert und Schule gehalten sei, solange sie denken könnten." Eyckelskamp wußte zu berichten, daß in dem Häuschen, das Johannes Beckmann gehörte und das am Heckinghauser Brögel stand, „ein
Schulmeister namens Henrich Steinhaus, von Düsseldorf gebürtig, gewohnt und Schule gehalten hat. Bei ihm sind Johannes Eyckelskamp, nebst der noch lebenden Frau Catharina, Witwe des seligen
Peter Norrenberg, auch in die Schule gegangen. Sie können ferner mit Wahrheit sagen, daß von dieser Zeit an bis heute Schulmeister hier gewesen sind."
Die Obrigkeit erlaubte deshalb im September 1734 die Benutzung der Schule. Das Gebäude stand noch bis 1943 an der Spiekerstraße zwischen Heckinghauser-und Mohrenstraße und ist manchem älteren
Mitbürger noch als Wirtschaft Paschoff bekannt.
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Gerhard Dabringhausen
Quelle: Jahrbuch 00/01, Seite: 75, 77, 79